Eugen-Biser-Stiftung
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Hörstation mit Predigten Eugen Bisers in Universitätskirche St. Ludwig

Nahezu 30 Jahre lang (zwischen 1979–2007) war St. Ludwig die Wirkungsstätte von Eugen Biser. Jeden Sonntag aufs Neue hat er hier als Universitätsprediger der Ludwig-Maximillians-Universität in den Abendgottesdiensten das jeweilige Sonntagsevangelium ausgelegt. Eugen Biser verstand es vor allem durch seine Sprache, seinen Ausdruck und seine Stimme die Menschen zu berühren. Um diese Erfahrung auch heute einem breiten Publikum zu ermöglichen, hat die Eugen-Biser-Stiftung begonnen, die Tonbandaufnahmen der Predigten von Eugen Biser der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Mit der Eröffnung der neuen Hörstation in St. Ludwig lassen sich die Predigten Eugen Bisers fortan direkt am Ort ihres Ursprungs nachhören. Am 27. Juli 2022 wurde die Hörstation feierlich eingeweiht. Die Eröffnungsrede hielt Dr. Maximillian Gigl, der maßgeblich an der Planung und Umsetzung der Station beteiligt war. Die lesenswerte Rede finden Sie unten abgedruckt. Alternativ lässt sie sich als PDF-Version hier aufrufen.

2022

Eröffnungsrede am 27. Juli 2022 • Dr. Maximillian Gigl

Zur Hörstation

Mit der Hörstation können interessierte Besucherinnen und Besucher der Universitätskirche St. Ludwig jede Woche eine Predigt Eugen-Bisers nachhören – passend zum aktuellen Sonntagsevangelium. Die Audioaufnahmen haben jeweils eine Länge von 20–30 Minuten und folgen dem aktuellen Lesejahr der Katholischen Kirche. Die Aufnahmen sind insbesondere aus den Jahren 1999 bis 2001 entnommen und wurden vereinzelt mit späteren Predigten ergänzt. Da die Hörstation dazu einladen soll, den Prediger Eugen Biser neu zu entdecken, können alle Aufnahmen auch bequem von zuhause aus angehört werden. Auf dem YouTube-Kanal der Eugen-Biser-Stiftung sind viele Predigten bereits veröffentlicht.

Die Hörstation befindet sich im vorderen Bereich des Kirchenschiffs, links des Eingangs, in unmittelbarer Nähe der 2018 eingeweihten Gedenktafel für Eugen Biser.

Eröffnungsrede

Ein Mann des gesprochenen Wortes.

Zur Einweihung der Hörstation mit Predigten Eugen Bisers in der Universitätskirche St. Ludwig, München, am 27. Juli 2022

von Dr. Maximilian Gigl


Sehr geehrte Damen und Herren,
Frau Dr. Christa Häser, Vorsitzende des Freundeskreises der Eugen-Biser-Stiftung, hat mich gebeten, einige Worte zur neuen Hörstation hier in St. Ludwig an Sie zu richten. Dem werde ich gerne nachkommen.
In meiner Funktion als Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Eugen-Biser-Stiftung war ich bis zum Jahr 2020 an der Konzeption der Hörstation beteiligt. Ich möchte Ihnen zum einen kurz schildern, wie es zu dieser Hörstation kam; zum anderen welche Intentionen mit dieser Hörstation verbunden sind und drittens, welchen Beitrag diese Hörstation zur Erschließung der Theologie Eugen Bisers leisten kann.

1. Wie kam es zu dieser Hörstation?
In gewisser Weise ist sie aus einer Not heraus geboren: Im Archiv der Stiftung lagerten zahlreiche Kartons mit jeweils hunderten von Audiokassetten. Darauf befinden sich Tonaufnahmen von Sonntagspredigten Eugen Bisers aus St. Ludwig. Das Material, aus dem die Tonbänder dieser Kassetten bestehen, verliert im Laufe der Jahre immer mehr an Qualität, sodass beim Abspielen immer auch ein Rauschen und Knistern zu hören ist. Aus diesem Grund entschloss sich die Stiftung ab dem Jahr 2017, diese Tonaufnahmen mit den Predigten Eugen Bisers, die aus dem Zeitraum zwischen dem Ende der 1980er Jahre bis zum Jahr 2008 stammen, zu digitalisieren, um die Inhalte für die Nachwelt zu erhalten.
Der Schritt von den Kassetten im Archiv zur Hörstation in St. Ludwig ist letztlich einem Gespräch zwischen Frau Köster und Herrn Prof. Dr. Christof Breitsameter zu verdanken. Prof. Breitsameter vom Lehrstuhl für Moraltheologie an der Ludwig-Maximilians-Universität, ist zugleich hier in St. Ludwig als Seelsorger tätig. In diesem Austausch wurde die Idee geboren, den Predigtschatz Eugen Bisers an seinem historischen Wirkungsort öffentlich zugänglich zu machen. Mit der Umsetzung beauftragte die Eugen-Biser-Stiftung das Design- und Kommunikationsbüro „das formt“ unter Leitung von Herrn Florian Schinkel. Bei der Konzeption wurden Anleihen am Museumsdesign genommen.
In dieser Hörstation kann nun die Predigt vom jeweils aktuellen Sonntag angehört werden. Bevor die Predigt beginnt, wird der jeweilige Evangeliumsabschnitt von Eugen Biser vorgetragen. Sie wissen ja, dass das katholische Kirchenjahr drei Lesejahre kennt (Lesejahr A: Matthäusevangelium; Lesejahr B: Markusevangelium; Lesejahr C: Lukasevangelium). Das heißt: Jedes Sonntagsevangelium wird alle drei Jahre turnusgemäß vorgetragen.
Nun ist hervorzuheben, dass Eugen Biser so gut wie immer über den jeweils vorgesehenen Evangeliumstext gepredigt hat. Das ist unter katholischen Predigern nicht immer selbstverständlich. Eugen Bisers Predigten waren hingegen – viele von Ihnen wissen es wohl aus lebendiger Erfahrung – eine Auslegung und Aktualisierung des jeweiligen Evangeliums und so im besten Wortsinn Homilien. Eugen Biser hat aber nicht nur über den vorgesehenen Schrifttext gepredigt, sondern sich auch sehr genau an die jeweiligen Evangeliumsstellen, wie sie in den Vorgaben der katholischen Leseordnung vorgesehen sind, gehalten. Was aber Eugen Biser teilweise modifiziert hat, sind die Übersetzungen der Evangeliumstexte. Zum Teil hat er eine andere Übersetzung gewählt (z. B. aus der Übersetzung von Martin Buber und Franz Rosenzweig) oder er hat einzelne Abschnitte selbst aus dem Altgriechischen original übersetzt.
Aus diesen Gründen atmen viele der Predigten trotz des zeitlichen Abstands von bis zu 40 Jahren durchaus eine Lebendigkeit und eine Frische. So liegt damit ein Predigtschatz vor, der nicht nur als Zeitdokument wertvoll ist, sondern als Auslegung des Wortes Gottes gleichermaßen heute.
Die hier in der Hörstation abgespielten Predigten wurden jeweils dem Kirchenjahr entsprechend nach der Qualität ausgewählt. Oft ist die Qualität der alten Kassetten aus den 1990er Jahren deutlich besser, als die der 2000er. Es handelt sich also nicht um eine rein chronologische Abfolge, sondern eine Zusammenstellung gemäß der kirchlichen Leseordnung.

2. Welche Intentionen sind nun mit dieser Hörstation verbunden?
Wie bereits erwähnt, war es die Absicht der Stiftung, die Predigten öffentlich zugänglich zu machen. Dies deckt sich mit dem satzungsgemäßen Auftrag der Eugen-Biser-Stiftung, das Werk Eugen Bisers zu erschließen, zu verbreiten und damit in Theologie, Kirche und Gesellschaft hineinzuwirken.
In erster Linie soll diese Hörstation Eugen Biser als einen Prediger und Theologen präsentieren, der auch heute noch etwas zu sagen hat. Während die Bronzestele im Eingangsbereich von St. Ludwig die Erinnerung an Eugen Biser wachhält, hat die Hörstation die Aufgabe, diese Erinnerung ganz unmittelbar lebendig und konkret werden zu lassen. Wer als Gläubiger, zufälliger Kirchenbesucher oder Tourist in die Kirche kommt, wird hierdurch mit Eugen Biser bekannt gemacht.
Nun bestand von Seiten der Stiftung natürlich weniger die Vorstellung, dass sich in Zukunft die Kirchenbesucher in die Kirche stellen, um die zumeist halbstündigen Predigten Eugen Bisers anzuhören. Natürlich ist das möglich. Möglicherweise werden die meisten Besucher nur kurz in eine der Predigten hineinhören. Aber auch dann erhält man einen Eindruck von Eugen Biser als Prediger, von seiner Stimm- und Sprachgewalt. Wer ein vertieftes Interesse daran hat, kann zu Hause weiterhören. Denn die Predigten finden sich alle auch im Internet. Die Eugen Biser-Stiftung hat alle Predigten auf dem stiftungseigenen YouTube-Kanal hochgeladen, sodass diese von jedermann rund um die Uhr kostenlos angehört werden können. Die Hörstation steht also in direktem Verhältnis zu den Predigten im Internet. Beides zusammen hat die Aufgabe, Eugen Biser als Person und Theologen bekannt zu machen und einer breiten Öffentlichkeit zu erschließen. Dabei ist die Universitätskirche St. Ludwig nicht irgendeine Kirche in München: Sie ist nicht nur als historischer Austragungsort ein idealer Standort, sondern eine der häufig frequentierten Kirchen von Gläubigen, Studierenden sowie von Touristen.

3. Welchen Beitrag können die Predigten Eugen Bisers leisten?
Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt anbringen zu Eugen Biser als Prediger: Eugen Biser hat seine Tätigkeit als Prediger und als gefragter Vortragsredner ab dem Jahr 2008 beendet und er ist – soweit ich informiert bin – nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten. Mittlerweile ist das 14 Jahre her.
Das heißt: Seither ist eine ganz Generation an Theologinnen und Theologen nachgekommen, die ihn nicht mehr persönlich erleben konnte. Das bedeutet: die Nachwelt gewinnt ihre Eindrücke von Eugen Biser mittlerweile hauptsächlich durch sein gedrucktes Wort: durch seine zahlreichen Bücher und Aufsätze. Nun sind nicht alle seine Texte immer ganz leichte Kost. Wie Prof. Richard Heinzmann es immer wieder formuliert, war Eugen Biser zuallererst „ein Mann des gesprochenen Worts“. Mit dieser Hörstation und der Veröffentlichung seiner Predigten im Internet, wird Eugen Biser auf ganz unmittelbare Weise wieder lebendig und erlebbar. Damit ist neben den Video-Aufzeichnungen ein weiterer Baustein hinzugefügt, der die zeitliche Distanz überwindet.
Die Bezeichnung „Mann des gesprochenen Wortes“ trifft aber noch in einer weiteren Hinsicht auf Eugen Biser zu: Seit seiner Kaplanszeit hielt Eugen Biser stets theologische Vorträge (z. B. in Kehlen); seit den 1950er Jahren war er Rundfunkbeauftragter beim SWR, später beim BR; bereits in seiner Heidelberger Zeit war er gefragter Prediger in der Jesuitenkirche; seine Habilitationsschrift galt dem religiösen Sprachproblemen der Gegenwart; auch später in München – auf dem sog. Guardini-Lehrstuhl – unterhielt er ein DFG-Forschungsprojekt zum Thema der religiösen Sprachbarrieren. Mit anderen Worten: Die Thematik der Verkündigung bzw. die Frage, wie die christliche Botschaft bei den Menschen ankommen kann, war ein Thema, das Eugen Biser ein Leben lang begleitet hat.
Gleichzeitig sind diese Predigten ein guter Einstieg in sein Denken und sein Werk, sodass das Geschriebene an zusätzlicher Plastizität gewinnt. Ich selbst habe mir ein Lesejahr jeweils Sonntag für Sonntag angehört: Es gleicht einer Einführung in die zentralen Themenbereiche seiner Theologie auf Basis der jeweiligen Schrifttexte. Dabei tauchen die großen Themen Eugen Bisers in wohldosierter Form immer wieder auf: Das Christentum als Religion der Angstüberwindung, verschiedene Gegenwartsdiagnosen, die Gotteskindschaft als Ziel des Christseins, Christus als der inwendige Lehrer, das Christentum als therapeutische Religion, vielfach wird Bezug genommen auf Søren Kierkegaard, Gertrud von Le Fort, Friedrich Nietzsche und viele andere.
Noch ein Letztes: Hier auf der Hörstation sehen wir ein Bild von Eugen Biser. Es wurde anlässlich seines 90. Geburtstags in der Katholischen Akademie Bayern in der Mandlstraße aufgenommen. Fast unermüdlich wurde in der Eugen-Biser-Stiftung nach einem geeigneten Foto gesucht, dass Eugen Biser als Prediger hier am Ambo von St. Ludwig zeigt. Vergeblich: Weder das Bildmaterial im Stiftungsarchiv, noch im Fundus von St. Ludwig fand sich ein Bild von Eugen Biser, das ihn in der Tätigkeit bzw. an dem Ort zeigt, an dem er fast 30 Jahre lang Sonntag für Sonntag gewirkt hat. So musste sozusagen als Kompromiss, auf dieses Bild zurückgegriffen werden, das ihn, obgleich am Vortragspult der Katholischen Akademie aufgenommen, in einer predigenden Haltung zeigt.
Möglicherweise veranschaulicht dieses Detail aber etwas Grundsätzlicheres: Eugen Biser ist als Universitätsprofessor zeitlebens ein Prediger geblieben, und umgekehrt als Prediger ein Professor. Wir sehen: auch in dieser Hinsicht wirkte Eugen Biser als ein Vermittler und Brückenbauer zwischen Theologie und Kirche.
So bleibt zu wünschen, dass die Sonntagspredigten Eugen Bisers viele interessierte und aufnahmebereite Hörerinnen und Hörer finden mögen – hier in St. Ludwig und auf dem YouTube-Kanal der Stiftung.

Für die Erlaubnis zum Abbdruck bedanken wir uns bei Dr. Maximilian Gigl